Kompetenzen Lehrender für digitale Hochschullehre

Strukturen, Prozesse und Anreizsysteme
zur Verankerung und Skalierung von Lehrinnovationen

 
Gastgeberin und Gastgeber:

Melanie Klinger
Abteilungsleiterin des
Zentrums für Lehren und Lernen (ZLL)
an der Universität Mannheim

Niko Baldus
Stellvertretender Abteilungsleiter des
Zentrums für Lehren und Lernen (ZLL)
an der Universität Mannheim

 

KERNAUSSAGEN

  • Die Verankerung und Skalierung von Lehrinnovationen an Hochschulen erfordert eine starke Unterstützungsinfrastruktur mit Weiterbildungsmöglichkeiten und qualifiziertem Support.
  • Aspekte wie Offenheit, Vernetzung, didaktische Aktivierung, Studierendenzentrierung und Reflexionsfähigkeit sind entscheidend für die erfolgreiche Gestaltung von guter Lehre – egal, ob diese digital oder analog ist.
  • Eine nutzerfreundliche technische Infrastruktur und funktionierende Prozesse bilden die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung digitaler Lehre. 
  • Die Überwindung von Perfektionismus und Konkurrenzdenken hin zu einer Kultur des Teilens, der Offenheit und des lebenslangen Lernens ist für den Erfolg der digitalen Hochschullehre unerlässlich.

 
Exzellenz und Kompetenz sind zwei Begriffe, die an den Hochschulen in der Regel einen fachlichen Horizont abstecken. Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung wird indes die Frage immer relevanter, inwiefern digitale Kompetenzen in der Hochschullehre vorausgesetzt oder gefördert werden sollten. An diesem Thementisch wurde entsprechend intensiv nicht nur über "Kompetenzen Lehrender für digitale Hochschullehre" diskutiert, sondern auch über Unterstützungsstrukturen, konkrete Praxisbeispiele und Anreizsysteme, die genau diese Kompetenzen befördern.

 

Unterstützungsangebote zur Verankerung und Skalierung von Lehrinnovationen

Die Chancen einer erfolgreichen Verankerung und Skalierung von Lehrinnovationen seien immens, so die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Thementisch. Um sie im Einzelnen und flächendeckend nutzen zu können, müssten jedoch entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. So wurde etwa betont, dass es eine gezielte Aus- und Weiterbildung von Lehrenden brauche, um notwendige Kompetenzen kontinuierlich zu entwickeln und zu vertiefen. Schulungsprogramme, die nicht nur technische Aspekte, sondern auch pädagogische Ansätze berücksichtigen, würden als effektiv erachtet. Dabei hänge die Akzeptanz neuer Lehrmethoden stark von der Bereitschaft der Lehrenden ab, sich auf Veränderungen einzulassen.

Die Schaffung von Digitalisierungsprofessuren könnte darüber hinaus als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen und Herausforderungen rund um digitale Lehrinnovationen dienen. Am Tisch wurde auch die Frage aufgeworfen, ob entsprechende Lehrkompetenzen nicht Bedingung für die Besetzung von Professuren sein sollten oder ob die Verankerung entsprechender Schulungen in Graduiertenkollegs förderlich sein könnte.

Hinsichtlich der technischen Infrastruktur sei es entscheidend, bestehende Supportstrukturen auszubauen und unnötige bürokratische Hürden abzubauen, um einen reibungslosen Implementierungsprozess für digitale Lehrinnovationen zu gewährleisten. Es bestand Einigkeit darüber, dass eine gut finanzierte Landes-IT-Infrastruktur, die allen baden-württembergischen Hochschulen zur Verfügung steht, einen erheblichen Mehrwert gegenüber hochschuleigenen, kleinteiligen IT-Infrastrukturen bieten könnte. Ähnliches gelte für Unterstützungsangebote in Rechts- und Datenschutzfragen.

Ein wichtiger Lernaspekt aus bisherigen Erfahrungen sei, dass nicht jede Hochschule dieselben Fragen beantworten und das Rad nicht überall neu erfunden werden müsse. Übermäßiger Perfektionismus und Konkurrenzdenken wirkten hier eher hinderlich. Stattdessen solle eine Kultur des Teilens von Inhalten und Erfahrungen hochschulübergreifend gefördert werden (beispielsweise über OER und Hochschulverbünde). Zudem müsse im Sinne der Effizienz von Fall zu Fall geklärt werden, welche Tätigkeiten die Lehrperson selbst übernehmen sollte und welche sie besser „einkauft“ (etwa von hochschulübergreifenden Service-Einrichtungen oder externen Dienstleistern).

Wichtig für eine erfolgreiche Entwicklung, Verankerung und Skalierung von Lehrinnovationen, so die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Tisch, seien zudem Anreizsysteme und eine deutliche Wertschätzung gegenüber Lehrinnovationen. Denn: Ein funktionierendes und anwenderfreundliches digitales Lehrkonzept sei weder technisch noch didaktisch eine Selbstverständlichkeit.

 

Ansätze und Good Practices für den Kompetenzaufbau in der digitalen Lehre

In den Beiträgen am Thementisch wurde deutlich, dass die angesprochene Förderung von "Kompetenzen Lehrender für digitale Hochschullehre" nicht nur im kleinen Kreis diskutiert, sondern auch in der Breite kommuniziert werden müsse. So unterstützen etwa spezielle Veranstaltungen in den Fächern oder ein fest etablierter "Tag der Lehre" nicht nur den Austausch zwischen Lehrenden, sondern sie heben auch die Bedeutung guter Lehre hervor. Solche Plattformen geben Raum für die Präsentation und Diskussion innovativer Lehransätze und sie schaffen auch ein Bewusstsein für die Notwendigkeit ständiger Weiterentwicklung in der Lehre. Darüber hinaus könnten hochschulinterne oder -übergreifende Lehrpreise dazu beitragen, die Motivation der Lehrenden und die Wertschätzung der Studierenden für die exzellente Lehre an ihrer Hochschule zu steigern. 

Exemplarisch für die Förderung von Lehrinnovationen wurden der "TIF Teaching Innovation Fund" der Universität Uni Konstanz (bis zu 10.000 Euro pro Projekt) sowie der Förderfonds im Rahmen des InnoMA-Projekts der Universität Mannheim (bis zu 75.000 Euro pro Projekt) genannt. Diese Programme zeigen, wie finanzielle Anreize direkt zur Verbesserung der Lehrqualität beitragen können. Und sie ermöglichen Lehrenden, neue Ideen auszuprobieren und innovative Projekte umzusetzen. Über sogenannte Mikroförderungen wiederum werde die Möglichkeit eröffnet, die direkte Kompetenzentwicklung im Arbeitsalltag zu fördern oder kleinere, kurzfristige Initiativen schnell umzusetzen.

Ebenfalls diskutiert wurden maßgeschneiderte Ansätze für den Kompetenzaufbau in der digitalen Lehre. Im DeLLFi-Projekt an der Universität Hohenheim etwa werden Lehrende u. a. durch spezialisierte Coaches individuell bei der Umsetzung von innovativen Lehrprojekte unterstützt. An der ETH Zürich gebe es Lehrspezialist/innen in den verschiedenen Fakultäten, die Lehrende Hand in Hand unterstützen, Good Practices teilen und so die kontinuierliche Weiterentwicklung der Lehre fördern. Dieses Tandem-Modell fördert den interdisziplinären Austausch und trägt maßgeblich dazu bei, Wissen und Expertise innerhalb der Hochschule zu teilen.

 

MASSNAHMEN UND ERFOLGSFAKTOREN

  • Einrichtung gezielter Aus- und Weiterbildungsangebote für Lehrende, um notwendige Kompetenzen für die digitale Hochschullehre kontinuierlich zu entwickeln und zu vertiefen.
  • Lehrpreise für Good Practices in der digitalen Hochschullehre steigern die Motivation der Lehrenden und die Wertschätzung der Studierenden für die exzellente Lehre an ihrer Hochschule.
  • Etablierung von regelmäßigen Plattformen und Austauschformaten für die Präsentation und Diskussion innovativer Lehransätze.
  • Einrichtung von hochschulinternen oder -übergreifenden Förderprogrammen, um Freiräume für neue Ideen und innovative Projekte zu schaffen.